Wortgirlanden

18. Mai - Der Lockdown wird gelockert

Der Lockdown wird gelockert. Die Menschen dürfen wieder shoppen gehen. Als ob das das Wesentliche wäre. Viele sagen: „Normal wird es nicht so bald.“ Welches Normal? Da war doch schon einiges am Wackeln und schlichtweg grottenschlecht. Wir können aus der Krise lernen. Uns wundern, was sie alles möglich macht, was bis vor kurzem noch als undenkbar galt.

Das Wort Wunder gehört auch zu meinen Lieblingswörtern. Als junges Mädchen habe ich allerlei Ängste in mir herumgetragen. Auch die Angst vor einer eventuellen Marienerscheinung. Dieses Wunder hätte ich nicht verkraftet. Mein Nervenkostüm war dafür nicht gestrickt. So blitzartige, meteoritenhafte Einschläge waren mir suspekt. Gleichzeitig habe ich Jahre später mit Inbrunst das Schlager-Wunderlied von Katja Ebstein gesungen: „Wunder gibt es immer wieder, wenn sie dir begegnen, mußt du sie auch sehn.“ Irgendwie ist in dem Wort Wunder eine vage Sehnsuchts-Erfüllung aufgeblüht.

Gedanken von d’r Alb ra oder Wortgirlanden
im Home-Office zusammengesponnen
von Dietlinde Ellsässer

Auf welches Wunder warten wir heute? Dass aus der „Seuche“ etwas Neues entsteht? Die Einen sprechen von der coronischen Zeitenwende, die beides möglich mache. Das Strahlende und das Schreckliche. Das neue Brevier heißt „Trotzdem“. Der beste Trick gegen Corona sei „radikale Akzeptanz“, sagt der humorige Doktor von Hirschhausen.

Ich lass das viele Nachdenken in der Stube zurück und wandere vorwärts hinein in Gottes schöne Welt. Ich brauche für meine Strecke keinen Premiumweg. Ich kenne die Wege hier und den Wind. Am Wegesrand blühen kleine Wunder. Auch Schmetterlinge sind mir wunder-heilige Flügler. Wer weiß, ob die Raupe ergebenst ans Ende denkt, dabei nicht weiß, dass eine wundervoll leichte Wandlung sie empor tragen wird. Sie gibt sich hin in voller Akzeptanz trotz der atemraubenden enganliegenden Verpuppung.

Auch wir dürfen glauben, dass die Natur aus uns bessere Menschen macht. Wenn wir in der Natur sind, verändern sich unsere Gehirnströme. Wir sind sogar freundlicher, wenn wir durch Parks schlendern und wieder einmal saumselig zum Flaneur werden. Der Rilke sagt dazu: „Hiersein ist herrlich…“ und „Dieses endgültige freie Jasagen zur Welt rückt das Herz auf eine andere Ebene des Erlebens…“ Ich wünsche uns allen eine Hingabe zum „Trotzdem“, damit auch in diesen viralen Zeiten Wunder eine Chance haben.

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